• Gemeinde Untermarchtal Panorama

Letzte Kriegstage vor 80 Jahren in unserem Raum

Untermarchtal. (hi)

Sinnlose Brückensprengungen an der Tagesordnung


Die letzten Tage des 2. Weltkrieg Ende April 1945 forderten leider bei den militärischen Auseinandersetzungen zwischen den alliierten Franzosen zusammen mit amerikanischen Truppen und den noch versprengt anwesenden deutschen Heeresabteilungen noch tote und verletzte Soldaten und Zivilpersonen. Das große Leid des 2. Weltkrieg war nicht nur eine militärische Katastrophe, sondern umfing auch die vielen Zivilpersonen und Flüchtlinge an der heimatlichen Front. Zum Beispiel wurden im Untermarchtaler Lazarett in den Gebäuden des Klosters immer noch verwundete Soldaten eingeliefert und versorgt. Die sinnlosen Zerstörungen von deutschen versprengten Truppenteilen am Ende des Krieges hielten an. Tiefflieger und Panzersperren wahren Drohmittel beider Seiten. Die abrückenden deutschen Soldaten hatten den Befehl, den Alliierten-Vormarsch aufzuhalten. Ein Mittel davon, war die Sprengung von wichtigen Donaubrücken. Von den deutschen zivilen Verteidigungsorten, so an den Donaubrücken von Munderkingen und Rottenacker waren auch mehrere tote Zivilisten zu beklagen.


Sinnlose Brückenzerstörungen


Besonders an den Donaubrücken ab Zwiefaltendorf, über Rechtenstein, Obermarchtal, Untermarchtal, Algershofen und Munderkingen, Rottenacker und Nasgenstadt wurden zivile und militärischen Verteidigungslinien erstellt. Diese waren aber dem deutschen Heer oder das was noch davon übrig war, zur militärisch-taktischen Sprengung und Zerstörung freigegeben. Nur in Zwiefaltendorf, Algershofen und Rottenacker konnten mit allergrößtem, zivilem Risiko und persönlichem Einsatz verbunden, die dortigen Donaubrücken vor der Sprengung bewahrt werden. Bekannt ist von der Algershofer Brücke; der dortige Mühlenbesitzer der nahen „Dom-Mühle“ Sebastian Dom.
Er rettete mit allerhöchstem Risiko die damalige Holzbrücke in dem er die Zündkapseln von der Brücke ausbaute.
Die Brücke und sein Anwesen auch waren damit gerettet. „Bei einer Sprengung wäre von unserer Mühle wahrscheinlich nicht viel übrig geblieben“, kann sich Enkel Josef Dom, der heutige Mühlenbesitzer, vorstellen. Er ließ sich von seinem Großvater Sebastian (+1964) diese spannende Geschichte erzählen. Weiter; Großvater Sebastian Dom machte von seiner „Heldentat“ keines Aufhebens, sagte Enkel Josef Dom, der heutige Mühlenbesitzer seinen Großvater, welcher die Entschärfung der Sprengladung vorgenommen hat. Nicht ganz so leicht war die geplante Zerstörung und deren letztlich gelungenen Rettung der Donaubrücke in Rottenacker zu bewerkstelligen. Deutsche Soldaten hatten bereits die Sprengladungen platziert. Einige einheimische Männer wagten es, trotz der Gefahr von deutschen Soldaten entdeckt und damit erschossen zu werden, die Ladungen in letzter Minute unbrauchbar zu machen. Dies war am Montag, 23. April 1945 in Rottenacker, wo anrückende amerikanische Truppen noch den Ort beschossen. Dabei gab es einige Verwundete und Tote, die auf dem Friedhof Rottenacker beerdigt wurden. Diese Ereignisse jener Tage sind im Heimatmuseum Rottenacker einzusehen.
Nun zu den Donaubrücken die durch deutsche Heereseinheiten gesprengt wurden. Dies geschah am Sonntag, 22. April 1945. Die Rechtensteiner Donaubrücke-Straßenbrücke wurde als erste gesprengt. Es folgte auch dort die Zerstörung der Eisenbahnbrücke dort.


Im Morgengrauen am Sonntag 22. April 1945 war die Brückensprengung in Untermarchtal fällig. Die im Jahre 1898 erbaute Stahlfachbrücke gab es dann nicht mehr. Am selben Tag und zu gleicher Stunde wurde auch die Munderkinger Donaubrücke, „Der Stolz der Stadt Munderkingen“ gesprengt. Dort gab es aber leider noch einem Gefecht zwischen den mutigen Verteidiger der Brücke und französischen Truppen Todesopfer.


Zu den Brückenzerstörungen ein paar ernsthafte und amüsante Bemerkungen. Hier spielte auch die Heimatverteidigung durch den Volkssturm eine Rolle und deren Befehlsausführungen vor Ort.


In Untermarchtal wurde ein Volksturmhauptmann unter Anleitung besonnener Bürger an der Spitze mit dem damaligen kommissarischen Bürgermeister Ott Mayer aus Munderkingen, im Gepäckraum des Bahnhof Untermarchtal eingesperrt und „festgesetzt“ und zwar bis nach der Sprengung der Brücke. Diese Sprengung wurde ausgelöst durch deutsche Truppen mit überdimensionalerer Sprengkraft von Fliegerbomben. Das „gewaltsame Vorgehen“ gegen den Volksturmhauptmann Satzenrot war zwar ein bestimmtes Risiko, aber dadurch wurde eine schlimme Schießerei mit Blutvergießen verhindert.
Die amüsante und humorvolle Seite der seinerzeitigen Brückensprengung wird durch folgende
Geschichte -auch vom Schreiber dieser Zeilen- bezeugt. Mit der allgemein angekündigten Brückensprengung wurden die Bürger von Untermarchtal in den „Luftschutzkeller“ von Matthäus Fischer in der Ehingerstraße eingewiesen.
Der einstige Brauereikeller der örtlichen „Hirschbrauerei“ war aber alles andere als ein sicherer Luftschutzkeller. Kein Notausgang und keine ausreichende Frischluftzufuhr waren vorhanden. Dennoch diese nette zum Schmunzeln angereicherte Anekdote: Als Zeitzeuge ist zu sagen, dass eine im Luftschutzkeller verweilende Dame ihr komplettes Bett mitgebracht hatte und sich dann in vier übereinander gelegten

Federbetten gelegt hatte. Ob sie dann wirklich den äußeren Zuständen gemessen einen erholsamen Schlaf darin fand, ist nicht bezeugt.
 hinterließ besonders an den Gebäuden „links der Donau“ große Schäden. Das angrenzende Gasthaus „Hirsch“ brannte in Folge der Einschläge am Dach und Kamin aus. Die nahe Zehntscheuer, der Bahnhof und viele weitere in der Nähe befindliche Gebäude wiesen große Schäden an den Dächern aus. Glimpflich kamen die Häuser „rechts der Donau“ davon. Dort war das Lazarett im Kloster untergebracht. Danach besagt eine Statistik, dass allein in Baden-Württemberg 1121 Brücken zerstört wurden. Erschwerend nach der Brückensprengung war dann auch die Wasserversorgung des gesamten Wohngebiets „links der Donau“. Mit Feuerwehrschläuchen wurde die Wasserversorgung über die Ruinen der zerstörten Brücke behelfsmäßig verlegt. Lindenwirt Max Häckler beförderte mit seinem Fischerboot die Fußgänger von Ufer zu Ufer. Hilfreich war hierbei ein Seilzug, der über die Donau gespannt wurde. Hausbesitzer wurden von der Gemeinde mit Brettern aus der Obermarchtaler Sägerei Fidel Endele zur Dachrenovierung versorgt. Wenige Tage nach der Brückenzerstörung wurde dann auch ein Notsteg gebaut.

Mit dem Bau der erforderlichen Notbrücke wurde im Mai 1945 begonnen und nach 3-monatiger Bauzeit vollendet. Französische Pioniere und deutsche Hilfskräfte unter der Leitung von Zimmermannsmeister Josef Hermann aus Munderkingen, welcher sonst im Kloster arbeitete, vollbrachten die Fertigung dieser Notholzbrücke in dieser kurzen Bauzeit. Sieben Jahre hielt diese Notbrücke aus Holz mit 14 Jochstützen im Wasser in der Donau dem schon damals wachsenden Verkehr der Reichs- und Bundesstraße 311. Bis Oktober 1952 hielt diese Holzbrücke. Dann wurde eine neue Brücke von Mai bis Oktober 1952 als Stahlbetonbrücke erbaut und dem Verkehr übergeben. Parallel zu diesem Brückenbauwerk wurde mit dem Bau des Donau-Viadukt im Frühjahr 1952 begonnen und im November 1953 vollendet und seiner Bestimmung übergeben. Damals die größte und längste Spannbetonbrücke Europas mit 375 Meter. Neue Donaubrücken wurden dann in Rechtenstein - hier war die zerstörte Eisenbahnbrücke erst wieder 1947 befahrbar - 1952, in Munderkingen schon 1948 und auch in Nasgenstadt im Jahre 1952 dem Verkehr übergeben.


Brückengeschichte

Untermarchtals Brückenbau-Geschichten fanden stets über Jahrhunderte immer wieder ihre Fortsetzung. Rückblickend betrachtet, eine unendliche Brückenbau-Geschichte. Von den Aufzeichnungen ab dem 16. Jahrhundert wurde die Donaubrücke in Untermarchtal als wichtiger Donauübergang (auch mit der berühmten „Dauphinestraße von 1770“ erwähnt und mit der österreichischen Prinzessin Marie-Antoinette) in unregelmäßigen Abständen vom Hochwasser der Donau zerstört und immer wieder in Holzbauweise neu erstellt. Zurückblickend auf frühere Jahrhunderte wurden Neubauten der damaligen Holzbrücken durch Kassierung von Brückenzoll und Gemeindeabgaben finanziert. Bürger vom Klosterort Obermarchtal und jene von Kirchbierlingen waren abgabefrei. Baulast über 4 Jahrhunderte oblag den örtlichen Freiherren von Speth. Endlich dann im Jahr 1898 wurde die erste Stahlfachbrücke gebaut. Diese durfte „nur“ 47 Jahre den Verkehr bewältigen. Dann wurde diese durch Menschenhand zerstört. Die neu erbaute Ortsdonaubrücke ab dem Jahr 1952 hielt dem Verkehr bis zum Jahr 2006 stand. Dann wieder ein Neuerbau fällig, mit der Verkehrsübergabe im Jahre 2008. Und jetzt nur vorläufiges Ende. Auch das im Jahre 1953 neu gebaute Donau-Viadukt hielt baulich gesehen nur 60 Jahre, ehe 2013 wieder ein neu erbautes Donauviadukt „übernahm“!

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