• Gemeinde Untermarchtal Panorama

Brückensprengung 1945

Kriegsende vor 70 Jahren – Mehrere Brückensprengungen in unserer Gegend – auch in Untermarchtal

Völlig zerstört. Diesen historischen Umstand vor 70 Jahren, habe ich als kleiner Bub im Alter von 3 Jahren und auch einige ältere Zeitzeugen noch in Erinnerung. Das Weltkriegsende vor 70 Jahren brachte auch für die Menschen in unserer Umgebung viele Unannehmlichkeiten. Besonders soll nachstehend auf die Zerstörung und Sprengung der Donaustraßenbrücken und Eisenbahnbrücken eingegangen werden. So wurde beim Morgengrauen des 23. April 1945 auch die Untermarchtaler Stahlfachbrücke, erbaut im Jahre 1898, von Wehrmachtssoldaten gesprengt. Einen Tag zuvor wurde die Munderkinger Donaubrücke - eine Brücke aus einem einzigen Brückenbogen aus Stahlbeton – eine damalige technische Brückenbau-Meisterleistung aus aus dem Jahre 1894, ebenfalls zerstört. Die Straßenbrücken in Rechtenstein und Nasgenstadt fielen ebenfalls dieser sinnlosen Zerstörung zum Opfer. Auch die Eisenbahnbrücken in Rechtenstein und Zwiefaltendorf-Zell wurden von abrückenden deutschen Truppen gesprengt. Damit brach die Verkehrsinfrastruktur in unserem Raum auf längere Zeit zusammen. Diese sinnlosen Brückensprengungen sollten den Vormarsch der Alliierten Streitkräfte aufhalten, hatten aber ihre Wirkung auf den Kriegsabaluf und dessen baldigen Ende längst verfehlt. Zu den Angriffen der Alliierten bedrohten und verunsicherten diese mit dem Einsatz von Tiefflieger stets die Menschen und Gebäude. Bürgermeister-Administrator war in dieser schweren Zeit Munderkingens Bürgermeister Otto Mayer. Untermarchtals Bürgermeister Anton Stitzelberger kam am 1. März 1945 in tragischer Weise bei einem Luftangriff in Ulm ums Leben.

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Foto vom April 1945 und zeigt die völlig zerstörte Brücke

Schutz im ehemaligen „Hirschbrauerei-Keller“ Besonders die Bevölkerung links der Donau wurde aufgefordert, sich in der Nacht vom 22. auf 23. April 1945 als die Brückensprengung angesagt wurde, im ehemaligen „Hirschbrauerei-Keller“ an der Ehingerstraße in „Sicherheit“ zu bringen. Besitzer dieses Kellers war damals Landwirt Matthäus Fischer. Die Sicherheit in diesem Kellerbau war für die Zufluchtsuchenden aber nicht überzeugend. Notausgänge gab es nicht und auch keine ausreichende Beleuchtung. Zeitzeugen erinnern sich noch schmunzelnd an eine im Schutzkeller verweilende Dame. Sie hatte ihr komplettes Bett mitgebracht und verkroch sich in 4 übereinandergelegten Federbetten. Schlimme Auswirkungen gab es aber für die im Keller untergebrachten Personen nicht, nach dem die Wehrmachtsoldaten eine überdimensionale Sprengung mit drei oder vier Fliegerbomben –so der damalige Zeitzeuge Stefan Bierer-, vorgenommen hatten. Große Brückenteile mit Zerstörungskraft wurden dem nahe an der stehenden Gasthaus „Hirsch“ zum Verhängnis. Die nahe Zehntscheuer, der Bahnhof, das Schul- und Rathaus und die Häuser der Munderkinger- und Bahnhofstraße sowie die Gebäude der Berg-und Haldenstraße hatten starke Treffer abbekommen und hatten sämtliche Schäden an den Dächern. Das Gasthaus „Hirsch“ mußte anschließend abgebrochen werden und der Neubau erfolgte 1 Jahr später. Glimpflich kamen die Häuser rechts der Donau bei der Sprengung davon. Tage später bekamen die Hausbesitzer auf Vermittlung der Gemeindeverwaltung Untermarchtal Bretter zur notdürftigen Dachrenovierung aus Beständen der Sägerei Endele, Obermarchtal.

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Foto vom April 1945 und zeigt die völlig zerstörte Brücke

Mit der Brückensprengung wurde auch die bestehende Trinkwasserleitung im Brückenüberbau völlig vernichtet. Die Bewohner links der Donau hatten kein Wasser mehr. Mit Feuerwehrschläuchen über die Donau wurde dieser Ortsteil nunmehr behelfsmäßig mit Wasser versorgt. Die Donauüberquerung geschah zunächst mit Booten und dem Schiff von Fischer und Lindenwirt Max Häckler. Auch ein eigens konstruierter Seilzug über die Donau kam zum hilfreichen Einsatz.

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Brücke aus dem Jahre 1925

Sofort Baubeginn einer Hilfsbrücke Bereits im Mai 1945 wurde mit dem Bau einer Holznotbrücke mit 14 Jochpfeiler begonnen. Französische Pioniere planten und bauten mit Hilfe deutscher Kräfte und dem Munderkinger Zimmermann-Polier Josef Hermann die Notbrücke. Im Juli 1945 war die Holzbrücke fertig und diese Brücke nahm bis zur feierlichen Übergabe der neuen Stahlträgerbrücke im Oktober 1952 – gebaut von der Ehinger Firma Josef Freudigmann - den Verkehr der Reichs- bzw Bundesstraße 311 in Ortsmitte auf. Höchste Einsturzgefahr bestand im November 1950 für diese Notbrücke bei einem Hochwasser. Viel Treibholz wurde an den Jochpfeiler bei zu engem Abstand der Joche angeschwemmt. 5 Tage bedrohte diese Situation die Brücke bis entwarnt werden konnte. Weitere Brückenneubauten Mit dem Bau einer neuen Brücke in Munderkingen begann der Wiederaufbau. Bereits im Juni 1948, wenige Tage nach der Währungsreform, war dort der Brückenneubau vollendet. Ebenso der Donausteg in Obermarchtal. In Rechtenstein und Nasgenstadt wurden die neuen Brückenneubauten ebenfalls im Jahr 1952 dem Verkehr übergeben. Bereits 1947 wurde der Verkehr über die wiederaufgebauten Eisenbahnbrücken in Rechtenstein und Zwiefaltendorf-Zell aufgenommen. Untermarchtal bekam durch den Donautalviaduktbau 1952/53 eine ersehnte Verkehrsentlastung mit dem 375 Meter langen Viadukt. Ein erhaltenes „Schadensüberbleibsel“ der gesprengten Untermarchtaler Brücke ist eine „Beschädigungsstelle“ am Bahnsteigzaun des Bahnhof Untermarchtal in Höhe der Zehntscheuer auch nach 70 Jahren noch zu sehen!

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Behelfsbrücke aus dem Jahre 1945 mit den 14 Jochpfeiler.

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Brücke aus dem Bau- und Neubauübergabejahr 1952.

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Eine künstlerische Zeichnung der neuen Brücke vom Jahr 1952, gefertigt vom damaligen Untermarchtaler Bürgermeister und späteren freien Maler Helmut Winter. Er verstarb im Jahre 1995.