• Gemeinde Untermarchtal Panorama

Ehrenbürger - Albert Großmann

Wir blättern in der Geschichte Untermarchtals zurück: Vor 85 Jahren - Ernennung zum Ehrenbürger - Albert Großmann

In diesen Tagen, am 9. September 2011, jährt sich ein bemerkenswertes, gemeindegeschichtliches Ereignis zum 85. Jahrestag. Der damalige Bürgermeister oder Schultheiß wie man damals zu sagen pflegte, Albert Großmann, wurde in seiner Amtszeit vom Gemeinderat zum Ehrenbürger ernannt und ihm damit das „Ehrenbürgerrecht“ zugesprochen. Anlaß für die Ernennung zum Ehrenbürger war das 25-jährige Amts-Jubiläum als Untermarchtaler Bürgermeister und „die dankbare Anerkennung der großen Verdienste durch 25-jährige treue Wirksamkeit“ in hiesiger Gemeinde, wie es in der Urkunde heißt. Die Urkunde wurde vom Stellv. Vorsitzenden Ziegler unterzeichnet. Eine Kopie dieser Urkunde befindet sich in der Dauerausstellung im Kalkwerk Untermarchtal, dessen Mitbegründer Albert Großmann war. Eine kurze Lebensbeschreibung von Albert Großmann. Albert Großmann wurde am 19. Januar 1873 in Untermarchtal als jüngstes Kind der Familie Rupert und Ludowicka geb. Braig geboren. Er hatte noch drei ältere Geschwister. Vater Rupert war von Beruf Metzger und Gemeindepfleger. Sohn Albert erlernte das Zimmermannshandwerk und baute sich hier einen kleinen Betrieb auf. Der Zimmereiplatz war auf dem heutigen Gelände der jetzigen Untermarchtaler Sportanlage Richtung Gütelhofen. Bis zu seiner Wahl zum Bürgermeister und Schultheiß von Untermarchtal 1901, war er Gemeindepfleger seines Heimatortes. Somit übernahm im Alter von nur 28 Jahren nebenamtlich die Funktion des Bürgermeisters seiner Heimatgemeinde. Er wurde Amtsnachfolger von Josef Vogelsang. Albert Großmann war dann Bürgermeister von 1901 bis zu seinem Tod am 16. September 1930. Im Jahre 1906 verheirate sich Albert Großmann mit Franziska Scherm aus Eschenbach/Oberpfalz. Aus der Ehe gingen die Kinder Ida Albertine, seine spätere Rathaussekretärin und Bürosekretärin des Kalkwerk Untermarchtal, Paula Ludowicke, spätere Pfarrhaushälterin von Pfarrer Karl Groß aus Untermarchtal (Pfarrer in Hausen am Bussen) und Sohn Albert hervor. In seiner fast 30-jährigen Amtszeit wurden sehr bedeutende Gemeindevorhaben umgesetzt. Dies war der Bau der öffentlichen Wasserversorgung 1903, ab 1908 die Kanalisation, ab 1910 der Gemeindeanschluß an das Stromversorgungsnetz und 1928/29 die Installation der elektrischen Ortsbeleuchtung. Nicht nur seine Aufgeschlossenheit gegenüber technischen und wirtschaftlichen Neuerungen und Verbesserungen für die Bürgerschaft zeichneten Albert Großmann aus. Seine alltägliche Umgangsart mit seinen Mitmenschen und sein soziales Engagement machten ihn bei seinen Mitbürgern beliebt. Dies trug dazu wesentlich bei, dass ihn die Gemeinde im Jahre 1926, und wie schon erwähnt während seiner bestehenden Amtszeit, zu ihrem Ehrenbürger ernannt.

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Albert Großmann, Bürgermeister, Kalkwerkmitbegründer und Ehrenbürger von Untermarchtal (1873-1930)

Gründung des Kalkwerk Untermarchtal

Seine unternehmerische Tatkraft bezeugte Albert Großmann mit dem Beschluß, im Jahr 1921 zusammen mit dem Munderkinger Bauunternehmer und Maurermeister Leopold Ege sowie dem Dieterskircher Landwirt und Holzhändler Josef Bailer die Firma „Kalkwerk Untermarchtal“ zu gründen. Alle drei waren in ihren Heimatgemeinden bekannte Persönlichkeiten. Am 13. Januar 1922 erwarben Großmann, Ege und Bailer von der Gemeinde Untermarchtal und einigen Privatpersonen für insgesamt 3710 Mark im Gewann Bannbühl das benötigte Gelände zur Gründung des „Kalkwerk Untermarchtal“. Der Geländestandort des Unternehmens war gut gewählt. Der Kalkofen und das Betriebsgelände an der Hauptstraße nach Ehingen ist an verkehrgünstiger Lage. Der Steinbruch mit Massenkalken der Weißjuraschicht Zeta 1 ist zur Weißkalkherstellung geeignet. Südlich der Hauptstraße nach Ehingen ist der Steinbruch mit Zementmergel der Weißjuraschicht Zeta 2. Dieser hat beste Voraussetzungen zur Herstellung von Schwarzkalk. Die bis 1923 bestehende Zwangsbewirtschaftung des knappen Brennstoff Kohle begünstigte eher die kleineren Werke wie dieses hier, obwohl dieses auch sicherlich in die Sparte „Spekulationswelle Kleinunternehmer“ fiel aber durch die Verbindung Bürgermeisteramt, Zimmereibetrieb, Bauunternehmer, Holzhandelsfirma, eher leicht an zu erschließende Rohstoffvorkommen günstig herankam. Die Produktion wurde Anfang 1923 aufgenommen und zwar mit Weiß- und Schwarzkalk. Aber bereits Ende Oktober 1929 geriet das Kalkwerk in eine Zeit der Krise und des Umbruchs. Die Weltwirtschaftskrise war hier mit ein Grund. Die Mitgesellschafter Ege und Bailer verließen die Firma. Ab 16. Mai 1930 war Albert Großmann alleiniger Besitzer des „Kalkwerk Untermarchtal“. Der ganze, aufreibende Umbruch hat aber dem jetzigen und alleinigen Besitzer viel Kraft gekostet und dies nagte an seiner Gesundheit. Bereits am 16. September 1930 verstarb Bürgermeister und Kalkwerkbesitzer sowie Ehrenbürger von Untermarchtal, Albert Großmann im Alter von 57 Jahren im Riedlinger Krankenhaus. Die neue Besitzerin des Kalkwerk war nunmehr seine Witwe Franziska Großmann (1876-1947). Sie und ihre Kinder sahen sich außerstande das Kalkwerk allein weiterzuführen. Drei Arbeiter führte die Firma noch weiter bis Ende Januar 1931. Dies waren Peter Speidel, Josef Engler und Albert Großmann jun.. Am 31. Januar 1931 kam es zur endgültigen Versteigerung des Kalkwerkes. Aber erst 2 Wochen später beim zweiten Versteigerungsversuch erwarb der einheimische Landwirt Matthäus Fischer das Werk samt Zubehör für 2800 Mark. Fischer nahm die Produktion wieder mit der Produktpaletter auf. Tatsache war aber, daß die Qualität des gebrannten Kalk zurückging. Dies hatte Auswirkung auf den Ertrag des Kalkwerkes. Nebenerwerb „Kalkwerk“ und Landwirtschaft war eine Doppelbelastung und führte offensichtlich zu Problemen und Auseinandersetzungen. Fischer verpachtet dann 1934 das Werk an den Baustoffhändler Karl Halder aus Dürmentingen. Der Niedergangh des Werkes ließ sich nicht aufhalten. Er reduzierte die Produktion weiter und verlegte sich allem auf die Herstellung von Düngekalk, was auf eine weiter zurückgehende Qualität des erzeugten Branntkalk hindeutet. Neben dem Kalkwerk betrieb Halder eine Lohndrescherei. Die Siebanlage im Kalkwerk und der Benzinmotor hatten inzwischen Schaden erlitten, ebenfalls die Steinquetsche. Die Kugelmühle wurde verkauft. 1939 wurde das Werk endgültig stillgelegt, da mit Ausbruch des Weltkriegs kein Brennmaterial zu bekommen war. Halder gab die Verpachtung an den Besitzer Fischer zurück. Dieser versuchte den Betrieb eingeschränkt weiterzuführen. Aber als Kalkwerk hatte die Anlage keine Bedeutung mehr. Bis 1984 blieb das Kalkwerk im Besitz der Familie Fischer. Es diente derweil als Fahrzeugremise. Das jetzt ziemlich verfallene Gebäude samt Grund erwarb 1984 das Land Baden-Württemberg von der Familie Fischer-Ziegler. Das Land überließ dann die Anlage ab 1986 zur Betreuung dem Schwäbischen Heimatbund in Erbpacht. Die gesamte Anlage wurde dann bis 1990 völlig restauriert und der „Kalkofen Untermarchtal“ dient jetzt als hochinteressantes Technik-Museum, als Projektseminar sowie als Technik-Denkmal. Ständige Ausstellungen mit Führungen stehen auf der Tagesordnung. In bestimmten Zeitabständen wird das Werk von der Ortsgruppe des Schwäbischen Heimatbund Untermarchtal zu Schauzwecken in Betrieb genommen.

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„Ehrenbürgerurkunde“ von Albert Großmann Ehrenbürger - Albert Großmann

Quellen des Textes, auszugsweise, von „Kalk und Zement in Württemberg“ von Helmuth Albrecht mit Industriegeschichte am Südrand der Schwäbischen Alb. Ausgabe 1991