• Gemeinde Untermarchtal Panorama

Restaurierung - Gedenktafel - Zirn - Pfarrkirche - 2013

Historische Familiengedenktafel der ehemaligen Familie "Zirn" an der südlichen Aussenwand (Schiff) der Untermarchtaler Pfarrkirche St. Andreas im Zusammenhang einer derzeitigen Restaurierung. Eine ortsgeschichtliche Bewertung mit viel "politischem Hintergrund" in der Zeit der Deutschen Revolution 1848/49 aber auch eine Beantwortung damaliger Begebenheiten in Sachen Gründung der eigenständigen Pfarrei St. Andreas im Jahre 1830 und Patronatsrechte des Freiherren Friedrich von Speth und seiner Gattin Theresia geborene Prinzessin des Fürsten von Öttingen-Wallerstein sowie der "Speth`schen"-Rechtskonsulenten-Familie Zirn in der Zeit vor über 180 Jahren. Auf der etwa 1.30 Meter hohen und 65 cm breiten "Kleinkunst-Sandsteintafel" in Giebeldachform, sind 7 Familienmitglieder "Zirn" mit ihren Vornamen sowie Geburts- und Sterbedaten vermerkt.

Die Familien-Gedenktafel "Zirn" an der Aussenwand der Untermarchtaler Pfarrkirche St. Andreas im Januar 2013

Gedenktafel-Restaurierung

Die Kirchengemeinde St. Andreas, Untermarchtal, beschloss im Jahre 2012, die durch Witterungseinflüsse marode "Familiengedenktafel Zirn", die aus Sandstein etwa um das Jahr 1830 gefertigte wurde, fachmännisch zu restaurieren und damit mit einer Konservierung am denkmalgeschützten Kirchengebäude zu erhalten. Mit der Restaurierung wurde die Firma Kostan, Natursteine, Munderkingen beauftragt. Ein Großteil der Arbeiten wurde im November 2012 erledigt und die Restarbeiten werden nach der Frostperiode im Frühjahr 2013 nach Auskunft der Firma Kostan abgeschlossen. Die Kosten dafür liegen nach Auskunft vom 2. Kirchengemeinderatsvorsitzenden Wolfgang Maier unter Tausend Euro.

Erklärung der Namen auf der Familiengedenktafel "Zirn" an der südlichen Aussenwand der Pfarrkirche St. Andreas

Oben als erste Person steht "Sr. Wohlg. Dr. Tiber Zirn, geb. 6. Mai 1784, gest. 11. Juli 1829. Dr. Zirn war der 2. Sohn von Hirschwirt Johann Georg Zirn( geb. 1759, gest. 1812) und dessen Ehefrau Marianne gest. 1797). Dr. Zirn wird im Familienbuch als "Königlich Württembergischer, immatrikulierter übte er im Dienste der Freiherren Karl und Friedrich von Speth bis zu seinem Tode 1829 aus. Er verheitatete sich mit Angelina Kaeser aus Waldsee, geb. 1778, im Jahre 1815. Das Ehepaar hatte 3 Kinder und zwar Sixdus Tadeus, geb. 1816, gest. 1826, Prospera Augusta geb. 1817, gest. 1820 sowie Brigitta Constandina geb. 1818, gest. 1820. Diese 3 Kinder sind auf der Tafel vermerkt. Desweiteren namentlich aufgeführt sind die Brüder von Dr. Zirn und zwar: Benedickt geb. 1783, gest. 1827, Alois geb. 1796, gest. 1822 und Josef Zirn geb. 1785, gest. 1828. Insgesamt hatte die Familie des Johann Georg Zirn, Hirschwirt, 11 Kinder. Nicht vermerkt auf der Familiengedenktafel ist Georg Zirn, geb. 1793, gest. 1864 in Munderkingen, der jüngere Bruder von Dr. Zirn. Dessen hochinteressante Lebensgeschichte wird hier besonders beschrieben.

Dr. Zirn`s Verdienste für den Ort Untermarchtal und um dessen Gründung einer selbstständigen Pfarrei St. Andreas und damit Loslösung von der Pfarrei St. Michael, Neuburg.

Zusammen mit Freiherr Karl von Speth und Friedrich von Speth, gest. 1850, bemühte sich Dr. Zirn mit seinen Dienstherren derer von Speth um eine selbständige und im Patronatsrecht der Freiherren von Speth zu Untermarchtal, stehende Pfarrei über mehrere Jahre hinweg. Damit hat sich Dr. Zirn für die Errichtung der Pfarrei verdient gemacht. Bisher war im Ort nur eine Kaplanei vom Bischof von Konstanz genehmigt. Dies änderte sich dann aber bald mit der Errichtung der neuen Diözese Rottenburg im Jahre 1828 mit dem 1. Bischof Johann Baptist Keller und der Zustimmung des Königreich Württemberg unter König Wilhelm I. Nach dem Tode von Dr. Zirn im Jahre 1829 schenkte seine Witwe, Frau Rechtskonsulent Angelina Zirn ihren Acker neben dem bestehenden Gottesacker der Kirchengemeinde zur Erweiterung des Gottesacker. Frau Zirn stiftete außerdem 1831 anläßlich der Friedhofsweihe am 1. Januar des Jahres 1831 ein Friedhofskreuz. Diese wiederum wurde durch ein neues Kreuz 1896, gestiftet von Adlerwirt Nikolaus Brehm, ersetzt. Frau Angelina Zirn verzog im Jahre 1845 wieder in ihre Heimat nach Waldsee.

Das ehemalige Gasthaus Krone, Munderkingen und heute im Jahre 2013 Hotel Cafe Garni

Lebensbeschreibung von Georg Zirn, 3. Sohn von Untermarchtals Hirschwirt Johann Georg Zirn (wie oben beschrieben) geb. 5. März 1793, gest. 1864 in Munderkingen.

Der Gastwirtssohn Georg Zirn erlernte den Beruf eines Bauern, Bierbrauer und Gastwirt. Dann diente er 8 Jahre als Württembergischer Landjäger im Königreich. Im Jahre 1829, jetzt 36 Jahre alt, war er in der Lage einen eigenen Hausstand zu gründen. Dabei machte er mit der Heirat der Kronenwirtswitwe Braunger geb Revellio mit deren 5 Kinder in Munderkingen eine "glänzende Partie" wie es Archivar Jörg Martin im Buch über die Deutsche Revolution 1848/49, herausgegeben vom Alb-Donau-Kreis 1998, beschreibt. Als Wirt auf der Krone, wurde der intelligente, redegewandte rund neben seinem Geschäft in Verwaltungsdingen, insbesondere zum städtischen Haushalt, kompetente Gastwirt sogleich in den Bürgerausschuss, ein besonderes Paralellorgan des Gemeinderat, gewählt. Zirn ließ sich nie in den Gemeinderat wählen, er wollte diese damals lebenslange Mandatsdauer als Liberaler nicht.

Die Kunde von der Revolution im März 1848

Zirn war begeistert davon, aber er war kein Revolutionär. Er war neugierig darüber und verfolgte mit großer Hoffnung diese spannende und nicht ungefährliche Zeit. Und doch überrollten die Ereignisse der Deutschen Revolution einige Jahre seines Lebens. Als Vorsitzender der Bürgerkommission hielt er am Franzosensamstag, 25. März 1848 eine große Rede bei einer Bürgerversammlung auf dem Rathaus. Er führte lokale Mißstände auf. Vordringlich erschien ihm die Bekämpfung der Armut und stand für eine Armenfürsorge und die Gründung eines Armenvereins ein. Einsparungen bei den städtischen Personalkosten und die Vergabe öffentlicher Arbeiten mahnte er an. Ordnung, Vertrauen und Eintracht war seine Losung. Seine Bürgerkommission erreichte jedenfalls den Rücktritt der Gemeinderäte mit lebenslänglichem Mandat. Es begann der Wahlkampf für die Wahlen zur Nationalversammlung. Die beiden Kirchenräte und Reichstagsabgeordnte Gförer und Öhler waren für die Bürgerkommision in Munderkingen aufgetreten und aus dieser Bürgerkommission ist der Munderkinger Volksverein hervorgegangen. Das war unverkenbar schon ein Hinweis liberaler Denkmuster und Zirn wurde bei dem Verein Mitglied aber ohne ein Amt dabei zu begleiten. Derweil schlugen sich in Baden unter Friedrich Hecker und Gustav von Struve schon die revolutionären Aufständischen mit den herzoglich-badischen Truppen in bewaffnten Kämpfen. In Reutlingen versammelten sich in einer "Wehrversammlung" dieWürttemberger an Pfingsten 1849 um über das weitere Schicksal der "württembergischen Revolution" zu beraten und ob man sich dem badischen Aufstand anschließen soll. Georg Zirn war in Reutlingern per Kutschenfahrt mit noch 6 weiteren Munderkinger Bürger, darunter sein Stiefsohn Kaufmann Braunger, Lehrer Wolf, Konditor Doll, Müller Mohn, Wagner Burger und Silberarbeiter Melber, vertreten. Zirn vertrat das Oberamt Ehinger als Vorstand des Munderkinger Volksverein zusammen mit Lehrer Wolf. Zirn als "alter Militär und Landjäger" passe zum Wehrausschuss am besten". Doch er fühlte sich nicht wohl in dieser Position weil er jetzt erkennen mußte, daß man hier die gewaltsame Fortführung der Revolution ins Auge faßte. Erleichterung kam dann auf, weil die Versammlung uneinig war und den Kompromiss vorsah, eine Deputation der 64 württembergischen Oberämter nach Stuttgart zu senden. Dieses Vorhaben gelang aber nicht und die Deputation war gescheitert und die Mitglieder reisten nach Hause. Beim Ehinger Halt berichtete die Gruppe von der gescheiterten Reutlinger Versammlung dem dortigen Volksverein und einige Tage darauf gab es in Munderkingen eine öffentliche Versammlung des Volksverein im "Felber". Doch mittlerweile wurden die Deputationsmitglieder über die Presse maßlosen Anschuldigungen und Verleumdungen ausgesetzt und bekamen es mit der Angst zu tun. Der Verdacht des "Hochverrat" wurde ausgegeben und die Teilnehmer in Reutlingen sollen verhaftet werden. Zirn sollte dann am 30 Juni 1849 vom Ehinger Stationskommandenten Maurer verhaftet werden. Doch dazu kam es nicht. Er war schlau genug um sich jetzt vorher abzusetzen und wie viele Württemberger in die Schweiz zu flüchten und zwar in den nahegelegenen Kanton St. Gallen.

Zirn wird aber mit Steckbrief gesucht

Untersuchungsrichter Wullen gab den Steckbrief über den 56 jährigen "Kronenwirt Zirn aus Munderkingen" am 21. Juli 1849 im "Schwäbischen Merkur" bekannt. Im September 1849 kehrte er aus der Schweiz zurück und wurde an der Grenze verhaftet und sogleich auf den Hohenasperg, dem "Demokratenbuckel und Haftort für Revolutionöre in Württemberg" gebracht. Im damals völlig überfüllten Gefängnis wurde er erst am 20. November zu den Anschuldigungen und zur Reutlinger Volksversammlung verhört und es folgten noch mehrere Verhöre. Schließlich wurde der Verdacht des Hochverrat falllengelassen. Ein Grund war sicher der, daß er immer einem bewaffneten Aufstand in Württemberg ablehnend gegenüberstand. Gegen Zahlung einer Kaution wurde Zirn am 18. Dezember 1849 nach Munderkingen entlassen und eine landesweite Amnestie 1850 schützte Zirn vor einem Strafverfahren. Seinem kommunalpolitisches Engagement taten die Erlebnisse und Ereignisse um seine Person keinen Abbruch, denn im Juli 1850 wird Zirn wieder Obmann des Munderkinger Bürgerausschusses. Die Revolution hatte ihn geschüttelt, aber nicht gebrochen. Das Gasthaus Krone in Munderkingen, heute im Jahre 2013 als Konditorei und als Hotel Garni geführt, ist eine der ältesten, gut erhaltenen und konsequent restaurierten Gasthäuser der Donaustadt. Eine kurze Nachforschung über die Inhaber und Pächter der Krone seit dem der Jahre 1899 ergab folgende Namen:(nicht vollständig) 1899 Wilhelm Fischer zur Krone, ab 1910 Peter Huber zur Krone, dann Josef Rummel von bis ?, Familie Neher, Familie Moosbrugger bis 1936, Wilhelm Messmer von 1936 bis 1968, dann Erwin Knebel von 1968 bis 2007 und ab 2007 Konditorei Cafe Knebel Christopher Hotel Garni.

Im Jahre 2013 das Gasthaus Hirsch, Untermarchtal

Das Gasthaus "Hirsch" in Untermarchtal ist wohl die älteste Gastwirtschaft in Untermarchtal. Ihre Bedeutung an der Brückenzoll-Pflichtigen Stelle an der Donaubrücke war für die Grundherrschaft derer von Speth eine wichtige Einnahmequelle im Zusammenhang der "Brückenbaulast" der Freiherren von Speth. Davon profitierten sicher die unmittelbar an der Brücke erbauten Gasthäuser Hirsch und Adler (heute Haus St. Josef des Klosters) mit der Einkehrmöglichkeit. Die Inhaber des Gasthaus Hirsch in den letzten 160 Jahren sind nicht lückenlos festzustellen. Hier eine Zusammenstellung ab dem Jahre 1850. 1850 Familie Zirn, dann etwa ab 1860 Familie Knittel bis cirka 1890 Felix Knittel (Siehe Hirschwirts-Kreuz am Römerweg von 1877), dann um die Jahrhundertwende 1900 Familie Heine (dieser Fam. Heine gehörte zeitweise die Zehntscheuer). In der Zeit vor dem I. Weltkrieg bis Ende der 1920-iger Jahre war Inhaber die Familie Hepperle. Dann erwarb Karl Falch (aus Gütelhofen stammend) mit Ehefrau Anna geb. Unmuth aus Daugendorf den Hirsch. Die Familie Falch ist jetzt Hirsch-Inhaber nun seit über 80 Jahren.

Hirschwirts-Kreuz am Römerweg. Dieses Kreuz stand ursprünglich an der Straße nach Munderkingen am Denketwald (Schöpple).

Verfasser: Hermann Josef Illenberger, Untermarchtal

Quellenangabe: Gemeinde Untermarchtal /Familienbuch, Buch Heimatgeschichte Untermarchtal, Stadtarchiv Munderkingen, Buch "Das Haus Württemberg", Buch: "Das Katholische Württemberg", Buch "Die Revolution 1848/49" Abschnitt von Archivar Jörg Martin. Herausgeber Alb-Donau-Kreis 1998 Landrat Dr. Wolfgang Schürle, Kath. Kirchengemeinde St. Andreas Untermarchtal. Wilhelm Messmer, Ehingen, Erwin Knebel, Munderkingen, Bodo Kostan, Munderkingen.