• Gemeinde Untermarchtal Panorama

Vergangenheit und Gegenwart: zwei Landtagskandidaten aus Untermarchtal

Felix Stiegele

Beschreibung und Versuch eines Personenvergleich zweier Untermarchtaler Kandidaten für den Landtag in Württemberg im Jahre 1916 mit Pfarrer und Dekan Felix Stiegele (Deutsche Zentrumspartei) und jetzt im Jahre 2011 in Baden-Württemberg mit Alex Kübek, IT-Leiter, Kandidat für die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD). Daß die beiden Kandidaten aus dem kleinen Dorf Untermarchtal kommen ist schon etwas erstaunlich oder auch purer Zufall, zumal ihre unterschiedliche Parteizugehörigkeit für den objektiven Bürger von hier doch eine interessante politische Auffassung und Darstellung zulassen. Zunächst eine kleine Lebensbeschreibung vom damaligen Kandidaten für den Württembergischen Landtag im Jahre 1916, Dekan und Pfarrer Felix Stiegele in Untermarchtal, diese haben wir von seinem Urgroßneffen Fritz Stiegele (Jahrgang 1925) lebt in Bietigheim-Bissingen, ebenfalls den älteren Bürgern von hier noch bekannt und verheiratet mit Anna Stiegele geb. Ziegler von hierdankenswert erhalten. Pfarrer Stiegele wurde 1881 im nahen Mochental geboren, wo sein Vater Oberförster war. In Tübingen studierte er Theologie, wurde 1905 zum Priester geweiht und war zunächst Vikar in Reutlingen. Der damals bekannte Zentrumspolitiker Adolf Gröber berief ihn 1909 zum Landessekretär des Volksverein für das katholische Deutschland (VkD), eine Organisation die mit der Zenrumspartei in der Volksbildung und Sozialpolitik gewirkt hat und in Konkurrenz zur Sozialdemokratie Bildung und Ausbildung der christlichen Gewerkschaften förderte. Bischof Keppler übertrug im 1917 die Pfarrei Untermarchtal in der er bis zu seinem Tod 1951 mehr als drei Jahrzehnte als Seelsorger wirkte. Ab 1932 war er viele Jahre Dekan des Kapitels Ehingen und bischöflicher Kommissär. Als Kandidat der Zentrumspartei wurde Felix Stiegele von 1914 bis 1918 in den Berliner Reichstag und von 1916 bis 1921 in den Stuttgarter Landtag gewählt. Auch für damalige Verhältnisse eine ungewöhnliche Herausforderung für einen jungen, talentierten Pfarrer und Politiker aus einem kleinen Dorf weit weg von den politischen Zentren Berlin und Stuttgart. Nach dem politischen Wechsel im Deutschen Reich nach dem Ersten Weltkrieg schied er aus dem aktiven parlamentarischen Leben aus. Stiegele war ein Mann des öffentlichen Lebens und immer eng mit den Menschen verbunden und vertrat deren soziale Anliegen energisch, weitblickend und meist erfolgreich, auch dann noch, als er nicht mehr aktiv im politischen Leben stand. Stets ist er für Wahrheit, Freiheit und Gerechtigkeit in Volk, Staat und Kirche eingetreten, auch in den Jahren des Dritten Reiches, als er für seine offenen, manchmal nicht regierungskonformen Meinungsäußerungen gelegentlich Anklagen, Verhöre und Verbote überstehen mußte. Die Zentrumspartei, der Stiegele angehörte wurde 1933 aufgelöst und ihre Anhänger gründeten nach dem Zweiten Weltkrieg die heutige CDU.

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Alex Kübek

Dem heutigem Landtagskandidaten 2011, Alex Kübek aus Untermarchtal nach 95 Jahren und Stiegeles Kandidatur – tritt er für seine Partei , die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) an, möchten wir ebenfalls eine kurze Lebensbiografie widmen. Kübek, Jahrgang 1967, kommt aus einer Familie mit noch 4 Geschwister, ist ledig und lebt mit seiner Lebensgefährtin in Untermarchtal. Beruflich ist er IT-Leiter in einem Ulmer mittelständischen Unternehmen beschäftigt und hat in dieser Funktion unter anderem viel in den ostdeutschen Bundesländer zu tun. Er ist gelernter Groß- und Außenhandelskaufmann. In seinem Heimatort ist er Mitglied im Sportverein und der Narrenzunft. Im SPD-Ortsverein Munderkingen ist er deren Ortsvorsitzender. Als SPD-Landtagskandidat im Wahlkreis 65 tritt er sachlich auf, ist kein „Haudrauf“ und sieht den Wahlkampf nicht als „Boxkampf“ in der CDU-Hochburg seines Wahlkreises. Ein Herausforderer - so in der Boxersprache- für den Landtagsabgeordneten Karl Traub im Wahlkreis will er nicht genannt werden. In seinem Wahlprogramm setzt er auf Bildung durch individuelle Förderung und Integration, Gesundheit, medizinische Versorgung und Umweltschutz im ländlichen Raum. Das System der „Dreiklassenmedizin“ sollte abgeschafft werden. Einen gut funktionierenden öffentlichen Nahverkehr und eine gute Infrastruktur des Straßenausbau hält Kübek für notwendig. Einen Tag vor der japanischen Erdbebenkatastrophe äußerte er den Wunsch für den Ausstieg aus der Atomkraft. Als Zugewinn für die Region sieht er den Neubau der Bahnstrecke Ulm - Wendlingen im Rahmen von Stuttgart 21. Allerdings wäre eine Volksbefragung keine schlechte Richtung und zukunftsweisend in der Sache, so Kübek. Den Einzug in den Landtag gelang ihm bei seiner Kandidatur 2011 nicht.

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Fazit dieser „Kandidaten-Gegenüberstellung“ soll nicht „Rechts“ oder Mitte gleich „Deutsche Zentrumspartei“ gegen linke Mitte, heute SPD, sein. Man bedenke bei der Leseart einen historischen Zeitraum von fast 100 Jahren. Es gab in dieser Zeit riesige, politische innerdeutsche, europäische und globale Veränderungen. Dennoch möchten wir aus Untermarchtaler Sicht den obigen „Kandidaten“ aus unserem Dorf einen angemessenen, historischen Platz und ihren persönlichen Mut für ein oft undankbares politisches Amt auf der hohen politischen Ebene würdigend einräumen.

Quellen

Lebensbeschreibung von Pfarrer u. Dekan Stiegele von seinem Urgroßneffen Fritz Stiegele aus dem Jahr 1997. Politische Ziele und Lebensdaten von Alex Kübek aus seiner Wahlwerbung und Presseberichte „Ehinger Tagblatt“ vom 15. März 2011.

Verfaßt im April 2011 für die Homepage der Gemeinde Untermarchtal von Hermann Josef Illenberger, Untermarchtal.